Bereits am 18. Juli 2019 wurde Mario G. direkt aus der Haft in sein Herkunftsland Kroatien abgeschoben, wie Mannheims Erster Staatsanwalt Dr. Marc Schreiner auf Anfrage jetzt bestätigt. Mario G. war im Januar 2005 vom Landgericht Mannheim zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, im Juni 2003 hatte er die 16jährige Susanne Erbe auf dem nächtlichen Heimweg kurz vor Erreichen des elterlichen Hauses erschlagen und anschließend vergewaltigt. Der spektakuläre Fall sowie außergewöhnliche Ermittlungsmaßnahmen sorgten damals bundesweit für Aufsehen.
„Gesteinigt wie im Mittelalter“, so beschrieb der damals zuständige Staatsanwalt im späteren Prozess die Brutalität, mit der Mario G. mit einem über vier Kilogramm schweren Stein auf den Kopf seines Opfers einschlug. Die zu Hause wartende Mutter der 16jährigen wie auch ein Nachbar wollen in der Nacht noch Schreie vernommen haben. Am Tatort gesicherte DNA-Spuren veranlassten die 30 Ermittler der Sonderkommission „Harrlach“ zu einem Massen-Speicheltest, es war die größte Fahndungsmaßnahme der Mannheimer Polizei, die aber zunächst nicht auf die Spur des Täters führte.
Der entscheidende Hinweis soll statt dessen aus dem Jenseits gekommen sein: Als spirituelle Geistheilerin mit hellseherischen Fähigkeiten hatte die Mutter des Mordopfers angeblich noch Kontakt zu ihrer ermordeten Tochter und soll von ihr weitere Informationen zum Tathergang bekommen haben. Ein türkisches Medium soll sie zudem direkt auf den Tätegr hingewiesen haben, auf einem Kroaten im Umkreis eines libanesischen Drogendealer: Drei Jahre zuvor war ihre damals noch 13jährige Tochter von einem Libanesen nicht nur mit Drogen beliefert, sondern unter Drogeneinfluss auch missbraucht worden. „Du weißt nicht, zu was die fähig sind“, soll Susanne Erbe ihre Mutter Sigrid noch vor der Macht des Händlerringes gewarnt haben. Doch die Mutter bestand damals auf eine Anzeige, die auch zur Verurteilung des Libanesen führte.
Nach den konkreten Aussagen des Mediums zum Tod ihrer Tochter ermittelte die Mutter eigenmächtig im Umfeld des Libanesen und konnte ein knappes Jahr nach dem Mord den Ermittlern den entscheidenden Hinweis liefern: Am 1. Juni 2004 – 18 Tage vor dem ersten Todestag von Susanne Erbe – verhaftete die Polizei den 24jährigen kroatischen Autolackierer Mario G. an seinem Arbeitsplatz, seine DNA stimmte mit den am Tatort sichergestellten Spuren überein, er war umgehend geständig.
„In diesem Kreis wurde schon länger darüber gesprochen, dass Susanne noch ihre Abreibung bekommt“, sagte Sigrid Erbe nach weiteren privaten Ermittlungen über das Motiv des Täters. Doch in der Verhandlung folgte das Gericht nicht dem Motiv ‘Rache als Vergeltung’ sondern der eigenen Version des Täters: Nach dem Konsum von Pornofilmen, Kokain und Alkohol „wollte ich ein Mädchen vergewaltigen, aber ich wollte nicht töten”, so seine Aussage vor Gericht. Dass er in jener Nacht ausgerechnet auf Susanne stieß, soll Zufall gewesen sein. Lebenslange Haft lautete das Urteil gegen ihn, allerdings stellte das Gericht nicht die Schwere der Schuld fest, eine frühzeitige Entlassung wäre somit nach 15 Jahre Haft möglich.
Für die Familie des Opfers entwickelte sich der Mord zur Familientragödie: Zwei Tage vor Susannes erstem Todestag verstarb ihr Vater aus Kummer an Herzversagen, er machte sich schwere Vorwürfe, dass er sie nicht beschützen konnte. „Wie oft stehe ich davor, dem Leid ein Ende zu machen, ich bin müde, sehr müde.“ Sigrid Erbes dramatische Ankündigung nach einer schmerzlichen Zeit voll unfassbarem Leid, das der Mörder über die Familie brachte, setzte sie im Oktober 2009 um und schied freiwillig aus dem Leben. „Wieder vereint“ steht seit dem auf dem gemeinsamen Grabstein von Susanne und Sigrid Erbe.
Nach 15 Jahren und 48 Tagen in deutscher Haft wurde der Mörder Mario G. 2019 aus der Haft nach Kroatien abgeschoben, dort wird die Strafe aber nicht weiter vollstreckt, wie Erster Staatsanwalt Schreiner ergänzt, Mario G. ist dort ein freier Mann: „Der Abgeschobene wird in der Bundesrepublik Deutschland zur Festnahme ausgeschrieben und würde bei einer erneuten Einreise zur Vollstreckung der Reststrafe wieder inhaftiert. Eine Verjährung der Vollstreckung ist bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe nicht vorgesehen.“
„Wir werden unseren Frieden irgendwann einmal wiederfinden, ob der Täter ihn bekommt, glaube ich nicht.“ Im ersten Jahr nach dem Mord an ihrer Tochter klang Sigrid Erbe für sich und ihre Familie versöhnlich. Wie aber ihre Aussage zum Täter zu verstehen sei, erklärte sie ein Jahr später bei der Gerichtsverhandlung in Mannheim: „Mario G. wird hier seine irdische Strafe bekommen, ich weiß was ihn danach erwartet, die göttliche Strafe kommt dazu!“