Inmitten der Corona-Pandemie eine Fußball-Europameisterschaft ausrichten? Mit tausenden Fans in den Stadien, in Public Viewing Areas, dicht gedrängt um die in Bars und Cafés aufgestellten Fernseher? Und dann noch dramatisches Gebrüll nach einem nicht anerkanntem Foulspiel im gegnerischen Strafraum, frenetischer Jubel nach einem Tor in der letzten Minute oder gar eine ausgelassene Siegesfeier, wenn das schier unmögliche passiert und die hochfavorisierte Mannschaft das Spiel auch noch gewinnt und sich alle Fans feierlich umarmen?
Nicht nur Virologen hatten davor Angst, auch manch Innenstadtbewohner hätte gerne einem Außenseiter die Meisterschaft gegönnt: Dann wäre es ruhig geblieben, wenn ein finnischer oder ein Schweizer Autokorso in der Stille der Nacht kaum aufgefallen wäre. Beinahe wäre der Wunsch nach einer ruhigen Europameisterschaft auch in Erfüllung gegangen, die Türkei und auch Deutschland haben sich beide früh aus dem Turnier verabschiedet und damit blieben auch tausende Fans zu Hause und ebensoviele hochmotorisierte Fahrzeuge in den Garagen.
Doch da war noch Italien, auch die können laut feiern und hupen. Und auch gut Fußball spielen. Als am 2. Juli mehr als 1.200 Fans den Viertelfinalsieg ihrer Mannschaft mit der Erstürmung des Wasserturms feierten, hatte keiner der feiernden Italien-Fans eine Maske auf und keiner hielt auch nur einen gefühlten Mindestabstand ein: Statt dessen lagen sich die Italien-Fans glückselig in den Armen. Forza Italia!
Nach dem gewonnen Halbfinale in London am 6. Juli ging es etwas ruhiger zu, obgleich Italien damit im Finale stand. Und damit trat das ein, was eigentlich als schlimmster Fall prognostiziert war: Eine laute und kritische Nacht stand am 11. Juli bevor, die kein Italiener alleine und zuhause erleben wollte. Die italienischen Cafés, Bars und Restaurants in Mannheim waren beim Anpfiff bisweilen komplett überfüllt: Schon beim Normalbetrieb wären so viele Gäste gar nicht zugelassen gewesen, wie sich beim Finale um die Leinwände drängten. Masken? Adressenerhebung zur Kontaktverfolgung? In dieser Nacht galten diese Vorschriften nicht. Ein blaues Trikot oder eine grün-weiß-rote Fahne reichte zum Einlass. Basta!
Italien wurde Europameister und nach dem Schlusspfiff musste die Polizei die Teilnehmerzahlen der am Wasserturm feiernden italienischen Fans mehrfach nach oben korrigieren, am Ende sollen es mehr als 4.000 Fans gewesen sein, die sich stundenlang laut singend und dicht gedrängt Haut an Haut dem spontanen Siegestaumel ergaben.
Doch während in Rom nach den Feierlichkeiten zum Gewinn der Europameisterschaft sich die Zahl der positiv getesteten Fans nicht ganz unerwartet um das fünffache erhöhten, war eine Zunahme der Infektionszahlen in Mannheim im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten nicht zu beobachten, wie die Stadt Mannheim auf Nachfrage von 6800.info einen Monat nach den Finalspielen bestätigte.
Die italienische Mannschaft ist zu Recht Europameister im Fußball geworden, dank professionellem Spiel. Und in gewisser Weise sind auch die Mannheimer Fans Europameister geworden: Ihr Verhalten im Hinblick auf die Vorschriften war bei der Siegesfeier in Zeiten der Pandemie zwar nicht ganz so professionell, sie blieben aber letztlich ohne Infektion. Mehr Glück konnte man in dieser italienischen Nacht der Nächte nicht haben! Bravo!