„Wenn du uns Plakate meldest, hängen wir sie um“, so lautet das Verständnis der Grünen Bundestagskandidatin Melis Sekmen zur Plakatierungsrichtlinie. Dabei ist es eigentlich nicht die Aufgabe der Bürger, falsch gehängte Plakate zu melden: Vielmehr ist es Aufgabe und eigentlich auch Pflicht der Kandidaten oder ihrer Teams, die Plakate gleich ordnungsgemäß aufzuhängen.
Spätestens seit dem Hinweis, dass Sekmen massenhaft und flächendeckend gegen die Plakatierungsrichtlinie verstößt, hätte sie eine interne Überprüfung ihrer Plakate veranlassen können. Aber offenbar ist nichts geschehen, denn drei Wochen später hängen fast alle ihrer Plakate noch immer an denselben Stellen, wo sie nicht hängen dürfen. Auch um einige konkret gemeldeten Einzelfälle hat sie sich bisher nicht gekümmert. Andere gemeldete Plakate hat sie umgehängt und gleich wieder falsch aufgehängt, als würde sie die Plakatierungsrichtlinie noch immer nicht kennen.
Als Gemeinderatsmitglied und Verfechterin der Plakatierungsrichtlinie muss Sekmen detaillierte Kenntnis über die Inhalte der Richtlinie haben, sie hat sich im Jahre 2019 politisch dafür eingesetzt. Die Stadt hat zudem noch im August eine aktuelle Informationsveranstaltung für die verantwortlichen Plakatierer durchgeführt. Die Richtlinie, gegen die sie nun massenhaft verstößt, ist ihr oder ihrem Team demnach bekannt.
Sekmen blockiert Hinweisgeber
Aber vielleicht will sie die Richtlinie bewusst nicht kennen – Der Verdacht ist bei einer derartigen Ignoranz bei gleichzeitiger Kenntnis der Bestimmung durchaus berechtigt: Sie könnte sich einen Vorteil in ihrem Wahlkampf gegenüber den anderen Kandidaten versprechen, die sich im Gegensatz zu ihr an die Richtlinie halten. Wiederholte Fragen hierzu hat sie schon im August nicht beantworten wollen.
Und selbst an Hinweisen zu nicht ordnungsgemäß aufgehängten Plakaten hat Sekmen offensichtlich kein wirkliches Interesse. Sie blockiert Hinweisgeber in den digitalen Medien und verweigert damit die Annahme von Hinweisen auf falsch gehängte Plakate, um die sie gebeten hatte.
Schlechtes Vorbild für andere Parteien
Derweil geht das Plakatieren munter weiter, wenige Wochen vor der Wahl hängen die Parteien und ihre Kandidaten noch immer neue Plakate auf. Und die Grünen mit ihrer Kandidatin Sekmen avancieren dabei zum negativen Vorbild: „Wir haben uns bisher an die Richtlinie gehalten“, sagt ein Plakatierer einer anderen Partei, der seinen Namen nicht in diesem Zusammenhang lesen möchte. Aber seine Botschaft ist klar: „Wenn sich die Grünen so unfair gegenüber den anderen Parteien verhalten und sich überhaupt nicht an die Regeln halten, brauchen wir es auch nicht.“ Die Plakatierungsrichtlinie ist für ihn dank der Grünen gegenstandslos geworden.
Und auch die Grünen plakatieren noch immer und halten sich auch weiterhin nicht an die Richtlinie. Schon zwei Mal haben sie verbotenerweise an Verkehrszeichen zu Schwerbehindertenparkplätzen angebrachte Plakate nach Hinweisen wieder abgehängt. Seit letzter Woche hängt in der Mozartstraße ein neues Sekmen-Plakat – verbotenerweise wieder an einem Verkehrszeichen zu Schwerbehindertenparkplätzen.
Kommentar: Bitte keine neuen Löbels in den Bundestag!
Politiker verabschieden gerne Richtlinien und Gesetze, die dann bitteschön nur für andere zu gelten haben – nicht aber für den Politiker selber. Wenn bei Missachtung der Richtlinien zudem noch ein persönlicher Vorteil herauskommen könnte, sinkt für Politiker offenbar schnell die Hemmschwelle zum Regelverstoß.
Ob bei einem Maskendeal, der nicht ganz regelkonform auf Briefpapier des Bundestages eingefädelt wurde, ein finanzieller Vorteil raus springt oder ob bei der Missachtung der Plaktierungsrichtlinie ein Vorteil in Form eines gefühlten Vorsprungs in der Wählergunst entstehen könnte, ist im Kern dieselbe Problematik: Der persönliche Vorteil entstand nicht ordnungsgemäß, als Vorbild ist der Politiker oder die Politikerin damit nicht mehr tragbar.
Am 26. September dürfen die Bürger über den neuen Bundestag abstimmen. Die Bürger bestimmen, welche Politiker in Zukunft ihre Interessen in Berlin vertreten sollen. Und der Bürger entscheidet mit seiner Stimme auch, ob er neue Löbels im Bundestag sitzen haben möchte – oder vielleicht auch nicht sitzen haben möchte.