Normalerweise hätten sich tausende Fans zur Siegesfeier am Mannheimer Wasserturm eingefunden, doch nach der 0:3 Sieg Niederlage der Türkei gegen Portugal im zweiten Gruppenspiel blieb die Polizei am Samstagabend am Wasserturm weitgehend unter sich – es kam kaum ein Fußball-Fan und es blieb absolut ruhig.
Portugal gehört zu den “übrigen Ländern”
Dass die türkischen Fans nicht feiern wollten, war eindeutig dem Spielstand geschuldet. Dass die portugiesischen Fans allerdings nicht feierten, hatte hingegen andere Gründe: In Mannheim leben kaum Portugiesen.
Von den knapp 50 Prozent der Mannheimer mit Migrationshintergrund stellen die Türken mit annähernd 20 Prozent den größten Anteil. Doch der Anteil der Portugiesen in Mannheim ist gemäß der Kommunalen Statistikstelle der Stadt Mannheim nicht aufgeführt: Sie liegt unter dem Schwellenwert von einem Prozent, in der Statistik sind die Portugiesen unter den „übrigen Ländern“ subsumiert.
In absoluten Zahlen ausgedrückt heißt das, dass unter den etwa 325.000 Mannheimern deutlich weniger als 1.700 Menschen mit portugiesischem Migrationshintergrund leben. Die Zahl derer, die sich zudem noch für die Fußball-EM interessieren, dürfte dann nochmals ein wenig geringer ausfallen.
Es reicht nicht für einen Autokorso
Daher verwundert es nicht, dass nach dem Spielende am Samstagabend gegen 20 Uhr nur wenige portugiesische Fahnen in Mannheim geschwenkt wurden. Es fuhren auch nur vereinzelte beflaggte Fahrzeuge über den Ring zum Wasserturm, es reichte nicht einmal für einen portugiesischen Autokorso.
Noch dramatischer sahen am Samstagabend die Zahlen der am Wasserturm stationär feiernden Fans aus: An der zentralen Feierstelle der Fußballbegeisterten fand sich nur ein einziger portugiesischer Fan ein. Mit seiner Fahne stand der Portugiese alleine am Straßenrand und freute sich aber umso mehr mit den Fans aus den wenigen vorbeikommenden beflaggten und hupenden Fahrzeugen.
Doch lange brauchte der portugiesische Senior nicht alleine zu feiern, da gesellten sich junge Fans zu ihm und feierten und tanzten gemeinsam mit ihm. Das waren allerdings keine portugiesischen Fans, die dem einsamen Portugiesen Gesellschaft leisteten, sondern vielmehr türkische. Der Endstand spielte bei der gemeinsamen Feier keine Rolle, ebensowenig wie Alter oder Herkunft: Unter den portugiesischen und den türkischen Flaggen feierten alle zusammen respektvoll und ausgelassen einen kleinen aber herzerwärmenden multikulturellen Fußballabend. Die Fußball-EM kann so schön sein!