„Wenn der Prozess und die Pandemie vorbei sind, komme ich nach Mannheim und schaue mir das Graffiti im Original an“, gab Angela Harrelson aus Minneapolis (USA) unlängst bekannt. Sie ist die Tante von George Floyd, der Afroamerikaner erstickte im Mai letzten Jahres bei seiner gewaltsamen Festnahme durch weiße Polizeibeamte, die acht Minuten und 46 Sekunden auf ihm knieten und ihm die Atemluft abdrückten („I can’t breathe“). Der Vorfall in den USA löste spontan weltweite Proteste gegen Rassismus und Diskriminierung aus, auch in Mannheim kamen kurz danach mehr als 5.000 Demonstranten zur Black Lives Matter-Kundgebung im Schlosshof zusammen.
George Floyd-Graffiti geschändet
Damals sprayte der „King of Graffiti“-Künstler Gonz auch das George Floyd-Graffiti im Mannheimer Schlossgarten: „Rassismus ist allgegenwärtig und die Leute sollen verstehen, dass Rassismus Leben auslöscht“, so seine damalige Motivation. Das Graffiti erlangte schnell Berühmtheit, auch außerhalb der Stadtgrenzen. Es zog Menschen an, es wurde zum Ort der Trauer für George Floyd, an dem noch immer Blumen abgelegt und Kerzen angezündet werden. Die Gedenkstätte entwickelte sich auch zum generellen Mahnmal gegen Rassismus und Gewalt.
Doch das Werk wurde mittlerweile geschändet, es soll ein stadtbekannter Nazi gewesen sein, wie Kenner der Szene übereinstimmend berichten. Der sprayte in naivem Stil die Initialen des DoppelPass99-Waldhof Mannheim Fanclubs auf: Ausgerechnet ein Verein, der sich insbesondere gegen Gewalt und Rassismus engagiert. „Ich denke, das war eine False Flag Aktion, um den antirassistischen Fanclub zu diskreditieren“, erklärt ein Beobachter der rechten Szene, der ebenso wie der offizieller Vertreter des Fanclubs namentlich nicht genannt werden will. Auch der findet deutliche Worte: „Das ist ein Täuschungsmanöver, das ist nicht von uns. Das hat nichts mit Fußball zu tun, das war eine rechte Aktion, da war ein Rassist am Werk.“
Graffiti wird restauriert
Eine Privatinitiative um Nina Fierro-Mack und Salome Stern sammelt derzeit Spenden, damit das Werk restauriert und zum Prozessauftakt gegen die Polizisten am 8. März wieder in frischem Glanz erstrahlen kann. Und: „Es kommt noch mehr Floyd auf die Wände“, wie Gonz seine Pläne konkretisiert. Denn zum Jahrestag von George Floyds Tod Ende Mai ist in Zusammenarbeit mit dem DoppelPass-Fanclub ein großes Sprayer-Event geplant, wie auch der Fanclub-Offizielle bestätigt: „Wir geben den Rechten keine Bühne. Wir lassen uns nicht provozieren. Unsere Reaktion ist eine ganz andere: Wenn du über ein Bild sprühst, bekommst du von uns zehn neue.“
Die Bedeutung des Kunstwerkes und die von Rechten begangene Schändung sind mittlerweile bereits in den USA ein vieldiskutiertes Thema: Angela Harrelson ist jetzt schon dankbar für den Einsatz gegen Rassismus und Gewalt und für die Liebe und das Engagement, das im fernen Mannheim für ihren Neffen entgegengebracht wird. Und wenn sie irgendwann nach Mannheim zu Besuch kommt, wird sie dann einiges mehr zu besichtigen haben, als nur das eine George Floyd-Graffiti.
Spendenlink zum Crowdfunding: